The Day after #Brexit

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Ich hatte ja schon geschrieben was ich so allgemein über das Ergebnis und die Hintergründe denke. Doch über das Wochenende ist mir etwas aufgefallen, dass mich ein bisschen aufregt und das ist so nicht stehen lassen kann. Die Berichterstattung und die Reaktion der Menschen auf den #Brexit.

Mein Problem damit ist vor allem der EU Patriotismus der in allen Dingen mitschwingt. Alle finden es schade, dass England die EU verlässt. Alle fragen sich wie das nur passieren konnte und jeder ist wütend auf die Menschen die dafür gestimmt haben. Besonders lächerlich ist es wie die jungen Menschen den alten die Schuld geben. Dabei waren es gerade die jungen Menschen die nicht zur Wahl gegangen sind. Lächerlich finde ich auch welche Bilder uns vom Brexit erreichen. Meist sehen wir dort hoffnungsvolle Junge Menschen die auf die Monitore starren und auf das Ergebnis warten. Auf ihren T-Shirts irgendwelche Sprüche die für einen Verbleib in der EU stehen. Die andere Seite, die Menschen die für den Brexit gestimmt haben, zeigt aber niemand bzw. sind diese Bilder so selten, dass sie in der Wahrnehmung einfach untergehen.

Ich finde es auch dumm wie man jetzt ein neues Referendum möchte. Die Menschen haben FÜR den Brexit gestimmt! Effektiv haben nur 34,7% der Menschen gesagt sie wollen in der EU bleiben. Die anderen haben dagegen gestimmt oder es war ihnen egal und sie sind nicht zur Wahl gegangen. Also ein drittel der Menschen! Dieses Drittel sollte sich nun eben der Mehrheit beugen. So funktioniert Demokratie auch wenn es weh tut. Jetzt die anderen 65,3% der Einwohner als Idioten zu bezeichnen… da ist aber jemand ein schlechter Verlierer.

Mir geht auch diese ganze EU Propaganda auf den Sack. Ich schreibe das immer wieder, ich mag die EU. Ich mag für was sie steht, wie sie ein Werkzeug für den Frieden in Europa ist und ich glaube auch, dass ein Europa das näher zusammenrückt ein Gewinn für uns alle wäre. Trotzdem kann man nicht abstreiten, dass die EU auch Unmengen an Fehlern hat. Heute will sicher keiner hören, dass die Entscheidungsfindung im Parlament absurd ist und wie wenig Einfluss die einzelnen Abgeordneten haben. Vermutlich will auch keiner etwas davon hören wie Lobby Affin die EU ist und wie viele Entscheidungen von der Wirtschaft gelenkt werden. Und das sind keine absurden Verschwörungstheorien sondern simple Realität welche sich zB. an der Umsetzung von Netzneutralität und Roaming zeigt. Wobei ich hier auch anmerken will, dass mein Blick vor allen durch die  Netzpolitik geprägt ist.

Ja vielleicht wird England in den nächsten Monaten eine schwere Zeit haben. Aber nur weil sie nicht mehr Teil der EU sind wird das Land nicht kaputt gehen. Es bringt ja durchaus auch Vorteile nicht in der EU zu sein. Die muss England jetzt nur ausspielen und zu nutzen wissen. Wenn sie ihrer Wirtschaft durch das gewonnene Geld auf die Sprünge helfen und so wirtschaftlich bleiben sollte es kein großes Drama geben. Auch kann man durch die Unabhängigkeit von vielen der EU Richtlinien freier agieren. Also zumindest theoretisch. Das Thema ist jetzt ein bisschen zu komplex für meinen Blog bzw. diesen Beitrag.

Was ich eigentlich sagen will… die EU ist eine tolle Sache aber sie bringt eben auch Nachteile mit sich. Diese Nachteile hat England jetzt nicht mehr. Ob das was man damit gewonnen hat nun das aufwiegt was die EU geboten hat… schwer zu sagen. Besonders weil England im Bereich der EU schon immer eine Sonderstellung hatte. Genau diese ist aber auch ein Problem für den Brexit. Denn hätte die andere Seite gewonnen dann wäre das auch ein Sieg für die EU gewesen. Der Austritt von England war immer ein Druckmittel gewesen um sich einen besseren Status innerhalb der EU zu erpressen. Hätte das Referendum nun ganz klar gesagt „Ja wir wollen in der EU bleiben“ dann wäre dieses Druckmittel weggefallen. England hätte wohl auch langfristig viele seiner Privilegien innerhalb der EU abgeben müssen und würde auch in dem Fall schlechter dastehen als vor dem Referendum. Am Ende konnten sie also nur verlieren.

Wobei sich auch die Frage stellt, was war denn der große Plan? Was sollte dieses Referendum? Wollte man vielleicht sogar, dass man seine Privilegien verliert? Ich meine nur so als Gedankengang: England stellt sich immer quer und kämpft gegen die EU. Ein großer Teil der Bevölkerung erwartet das und die Regierung weiß das. Durch das Referendum hätte man sagen können „Ihr habt entschieden, wir bleiben in der EU“. Damit hätte England ein wesentlich EU freundlicheren Kurs einschlagen können ohne das Gesicht zu verlieren denn die Bevölkerung wollte es so. Hat die Regierung eventuell darauf sogar spekuliert?

Auf der anderen Seite machen die Politiker schon sein Jahren EU feindliche Propaganda. Ich kann mir aber kein wirklichen Fall vorstellen wo der Austritt einen wirklichen Vorteil bringt. Also einen der so groß ist, dass man darauf seit Jahren hinarbeitet. Auch wenn ich gern scherzhaft sage, dass England nun 51. US Bundesstaat werden könnte. Anyway.

 

Worauf ich eigentlich hinaus will ist Folgendes. England hat die EU verlassen. Es war die Entscheidung der Engländer. Welche Konsequenzen das nun haben wird werden wir sehen. Ich finde wir sollten uns mit dieser Entscheidung abfinden. Ich finde wir sollten auch schauen welche Möglichkeiten das bietet und nicht nur das Schlechte sehen. Wir sollte bei unserem Blick auch nicht nur die EU freundliche Seite betrachten sondern beide. Es ist lächerlich jetzt die EU und ihre Vorteile zu glorifizieren nur weil man Angst hat, dass auch andere Länder austreten. Das was in der Wahrnehmung gerade passiert hinterlässt in meinem Kopf einfach nur einen fiesen Nachgeschmack von:

„Schaut euch an was passiert wenn man die EU verlässt! Dann geht man zu Grunde! England ist nichts ohne die EU! Gar nicht! Also denkt nicht mal daran die EU zu verlassen. Die EU ist das beste was euch je passiert ist und keine Widerworte“

Zumindest ist es das was mir die aktuelle Situation vermittelt. Dafür kann die EU nichts. Dafür kann auch nur die Presse bedingt etwas und dafür können auch die Menschen die sich jetzt pseudosolidarisch zeigen weil es cool ist nichts. Aber in der Mischung und Konzentration wirkt das alles in seiner Überzogenheit ein wenig wie nordkoreanische Propaganda um den Führer.

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